Siehe dazu:
Online-Beständeübersicht siehe unter http://www.lad-bw.de/glak
Generallandesarchiv Karlsruhe. Gesamtübersicht der Bestände, bearbeitet von Konrad Krimm, Corinna Pfisterer und Franz-Josef Ziwes, Stuttgart 1998 (= Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Serie E, Heft 2).
Die Brauersche Rubrikenordnung von 1801/1803
Nach der Rubrikenordnung des Hofrats Friedrich Nikolaus Brauer von 1801 war das gesamte Schriftgut der badischen Behörden in eine starre alphabetische Stichwortreihe/Rubrikenreihe einzugliedern.
Dabei wurden die Behördeneinlieferungen aufgelöst und geteilt nach den
a) vorgeschriebenen "Generalia" und
b) den auf Regionen und Orte
(Ortspertinenz = topographisches System)
bezogenen
"Spezialia"
sowie auf die rubrikenmäßigen
Pertinenzen,
d.h.
ursprünglich 266
Schlagwörter zwischen
"Absterben" und "Zwangsanstalten"
Beide Ordnungssysteme,
1. die sog. Ortspertinenz und
2. der starre Thesaurus bei der Rubrikenbildung (Sachpertinenz)
wurden zum Leitgedanken der archivischen Tektonik und haben in Baden die älteren Archivordnungen zerstört. Das System band viel Arbeitskraft. Außerdem zeigte sich bei der stets dynamischen Verwaltung, dass ein festes alphabetisches - also nicht sachsystematisches - Schlagwortsystem mit der Verwaltungswirklichkeit auf Dauer nicht Schritt halten konnte. So war z.B. der technische Fortschritt mit Eisenbahn oder Rheinkorrektur in dem System nicht sinnvoll unterzubringen. Um die Benutzbarkeit und Überschaubarkeit der sich zu wahren Ungetümen auswachsenden Bestände war es zunehmend schlechter bestellt, ganz abgesehen von den Unstimmigkeiten und Unsinnigkeiten, die den Archivaren durch das unzeitgemäße Rubrikengerüst aufgenötigt wurden.
Bsp: Bestand 229: Spezialakten der badischen Ortschaften:
- 120.000 Faszikel zu den badischen Orten von A bis Z, zusammengestellt aus allen Archiven, die in das GLAK gelangt waren
- Der Bestand wurde noch lange erweitert durch Ablieferungen moderner Behörden
- Erst 1970 wurde die Verzeichnung des Riesenbestandes beendet.
- In der neuen Gesamtübersicht der Bestände widmet sich ein eigener Band den Ortsakten. Darin werden bei jedem Ort die
Herrschaftsverhältnisse vor 1800 genannt, um wenigstens einen Hinweis zu den denkbaren Provenienzverhältnissen in die Hand zu
geben
Die Einführung des Provenienzprinzips 1878
Mit Einführung des Provenienzprinzips wurden die Urkunden-, Amtsbuch- und Handschriftenselekte (heutige Bestände A-E,G-H, 1-45, 61-67) nicht aufgelöst. Auch eine Rückführung der auf ca. 14000 Konvolute (mehr als 100000 Akteneinheiten) angewachsenen Spezialia-Abteilung der badischen Ortschaften (jetzt Bestand 229) in ihre ursprünglichen Registraturzusammenhänge erschien ihm nicht realisierbar.
Ziel war vielmehr die provenienzgerechte, am jeweiligen Ressort orientierte Neuaufstellung der Bestände
- der Ministerien
- der Gesandtschaften und
- der zentralen Behörden,
auch wenn die auftragsmäßige Einrichtung eines großherzoglichen Familienarchivs, sowie eines Haus- und Staatsarchivs (heute Bestände 46- 60) die Klarheit provenienzgerechter Bestände entgegenstand. Bei den o.g. Beständen handelt es sich um die sogenannten Neuen Reposituren.
Vornehmlich aus diesen Beständen des sogenannten Landesarchivs sowie aus den Ablieferungen der Hofbehörden wurden die Selekte des Familienarchivs und des Haus- und Staatsarchivs gebildet.
Bereits 1878 war die Abtrennung des Familienarchivs im wesentlichen vollendet.
1910 folgte das Haus- und Staatsarchiv als der wichtigste Selektbestand zur badischen Geschichte.
Mit dem Ende der Monarchie in Baden im Jahre 1918 entfielen die besonderen Benutzungsbedingungen, denen das Haus- und Staatsarchiv bis dahin unterlegen hatte. Seine Eingliederung ins Generallandesarchiv stellte es auf eine Stufe mit den übrigen Beständen, mit denen es auf der Ebene der Ministerien und oberen Landesbehörden ohnehin sehr eng verzahnt war.
Beständestruktur ab 1918
Die Grundstruktur der Bestände hatte eine Form angenommen, die bis heute im wesentlichen bewahrt geblieben ist mit 2 großen Blöcken:
1. die überwiegend pertinenzmäßig geordneten Archive aus der Zeit des Alten Reiches (heute Bestände 70 - 229) und dei Urkunden- und Amtsbuchselekte (heute Bestände 1- 45 und 65 - 68)
2. die "Neueren Reposituren", in welche die Ministerialbestände mit den jeweils nachgeordneten Behörden und Gerichten zusammengefaßt waren (heute Bestände 230ff.)
Dazu kamen:
- Selekte des Haus- und Staatsarchivs (46-52),
- Schriftgut der Hofbehörden (53-59)
- des Landtags (231) und
- Oberrechnungskammer (232)
zentrale und staatliche Überlieferung des Landes Baden während seines Bestehens von 1806 bis 1945
Angelagert waren z. T. als Selekte entstandene Sammlungen (F, J - U) sowie die nichtstaatlichen, deponierten Archive und Nachlässe (Beständegruppen 69 und N). Das Familienarchiv ist auch nach 1918 im Eigentum der markgräflichen Familie geblieben. Seine Verwahrung im Generallandesarchiv wurde bei den Abfindungsvereinbarungen von 1919 gesetzlich festgeschrieben. Nach wie vor wird es durch den jeweiligen Direktor betreut; als Bestand eigenen Rechts bleibt es in der vorliegenden Kurzübersicht unberücksichtigt.
Als eigener großer Beständeblock wurden schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Stuttgarter Heeresarchiv die Akten und Stammrollen des XIV. badisch-preußischen Armeekorps (456) an das Generallandesarchiv abgegeben.
Neuaufstellung der Bestände seit 1939 durch Manfred Krebs
Prämisse der binären Nomenklatur
Nach dem Muster des 1901 mit der Gesamtübersicht für die Urkundenabteilungen (A-E, 1-43) eingeführten Buchstaben- bzw. Zahlenschemas erhielten jetzt sämtliche Bestände bzw. Beständegruppen einen Kennbuchstaben oder eine Kennzahl, in deren Reihenfolge die Unterlagen auch gelagert wurden.
Jede Archivalie konnte mit einer Kombination aus Bestandkennzahl und Faszikelnummer einfach und rationell identifiziert und gekennzeichnet werden.
Die neue Beständesystematik der Kurzübersicht von 1998
Fünf Hauptgruppen:
Institutionen und Herrschaften des Alten Reichs:
(Vor allem Urkunden, Akten, und Amtsbücher geistlicher und weltlicher Territorien: Baden, Kurpfalz, Vorderösterreich, Ritterkantone, Hochstifte (Basel, Konstanz, Speyer, Straßburg), von Stiften, Klöstern, Ritterorden und Städten; Spezialakten der kleineren Ämter und Orte.)
2. Haus- und Staatsarchiv (46-52), Großherzogliches Familienarchiv, Hofbehörden (53-69)
3. Landtag, Behörden und Gerichte seit 1800:
Vor allem: Badischer Landtag; Rechnungshof; Badische Ministerien; Akten badischer Ober-, Mittel- und Unterbehörden und badischer Gerichte; Akten, Ranglisten und Stammrollen des XIV. Armeekorps (1810-1820); Unterlagen von Reichs- und Bundesbehörden im Regierungsbezirk Karlsruhe.
4. Sonderbestände
5. Nichtstaatliche Archive und Nachlässe
Die erste und dritte Hauptgruppe scheiden nicht nur die Überlieferung aus der Zeit des Ancien Régime von den Aktenbeständen der modernen Behörden und damit auch die Pertinenz- von den Provenienzbeständen, sondern sie heben sich auch deutlicher als bei Krebs vom nichtstaatlichen Schriftgut ab, das in einer eigenen Hauptgruppe (5. Hauptgruppe) zusammengefasst ist. Gleichsam als Bindeglied zwischen der ersten und dritten fungiert die 2. Hauptgruppe (Haus- und Staatsarchiv etc.), in der Pertinenz- und Provenienzbestände aus der Zeit vor und nach 1800 vereinigt sind. Die gattungsspezifischen Selekte und Sammlungen sind unter der 4. Hauptgruppe (Sonderbestände) ausgewiesen. Freilich sind auch hier Kompromisslösungen unumgänglich, da neben den Urkunden- und Amtsbuchselekten strenggenommen auch die meisten älteren Aktenbestände sowie das Haus- und Staatsarchiv als Pertinenzselekte anzusehen sind und demnach eigentlich in die Gruppe der Sonderbestände gehörten.
Das Gros der Veränderungen gegenüber der
Krebsschen Tektonik konzentriert sich auf die in der 3. Hauptgruppe
zusammengefasste Überlieferung des badischen Landtages sowie der Behörden,
Gerichte und öffentlichen Institutionen seit etwa 1800. Sämtliche
einschlägigen Bestände wurden hier in eine Systematik gebracht, die sich
am Idealtypus eines dreistufigen Verwaltungsaufbaus mit der
"klassischen" Ressortgliederung orientiert:
- Gesamtstaat
- Justiz
- Kultus
- Inneres und Soziales
- Wirtschaft und Finanzen
- Krieg
Die Überlieferung der Reichs- und Bundesbehörden sowie der NSDAP erscheint unter eigenen Rubriken
Bei den nach der Herkunftsgemeinschaft aufgestellten Beständen stand in der Regel die abliefernde Behörde Pate für den Bestandsnamen. Insofern ist dieser bisweilen eher als Orientierungsmerkmal denn als provenienzgerechte Bestandsbeschreibung zu betrachten.